Geheiratet wird in Taiwan dadurch, dass man zum Standesamt geht und als Brautpaar seine Unterschrift leistet. Damit ist den Formalitäten Genüge getan. Wichtiger als die Hochzeitsfeier ist die Verlobung. Die Hochzeitsfeier ist am zweitwichtigsten. Diese geht folgendermaßen vor sich: Zwei bis drei Monate vor dem geplanten Termin bekommt man von der Braut den so genannten "Hochzeitskuchen" geschenkt. Dieser trifft alle Freunde, Bekannte und Kollegen, die das Brautpaar glaubt einladen zu müssen. Das Signal für die derart Beschenkten ist die Vorbereitung zur Einladung. Diese wissen nun nicht nur: Ich werde zur Hochzeit dieses Paares eingeladen. Sie wissen auch: Das kostet! Noch gelackmeierter ist man, wenn man die Einladung vom Bräutigam erhält: Dann gibt nicht einmal einen Hochzeitskuchen, sondern nur eine sehr süß gestaltete Einladungskarte, auf der das Brautpaar fotografisch festgehalten ist, was man dann zu bestaunen und zu loben hat. Eine messbare kulinarische Gegenleistung gibt es dagegen vom Bräutigam nicht. Im Grunde sind diese Hochzeitsfeiern nichts anderes als Aufforderungen zur Gegenleistung - eine moderne und dennoch auf Traditionen beruhende Form der Geldmaschine. Der Befehl lautet: "Beschenkt uns" Noch schlimmer ist: Man kann sich nicht dagegen wehren. Die Ablehnung von Hochzeitskuchen und späterer Einladung käme einem nicht wieder gut zu machenden Affront gleich.sie sind somit Ausdruck eines sehr freundlich ausgesprochenen sozialen Drucks.
Etwa einen Monat vor der eigentlichen Feier steigt dieser Druck noch mehr an: Man bekommt einen roten Umschlag mit einer roten Karte (Glücksfarbe!) und dem Text der Einladung in güldenen Lettern: Dort sind auch Datum und Ort vermerkt - letzterer wird in die Verantwortung des Eingeladenen gelegt, vielmehr in diejenige, dieser Ort zu finden, was meist mit einigen geographischen Hindernissen verbunden ist. Solche unübersehbar praktischen Dinge wie eine Anfahrtskizze oder andere nähere Angaben zum Ort der Feierlichkeiten selbst fehlen ganz. Versucht man dann, diesen Ort in der Umgebung des Wohnsitzes der Eltern von Braut oder Bräutigam zu finden, dann kommt dies oft einen Abenteuer gleich: Selbst Ortsansässige wissen oft nicht, wo dieser zu finden ist. Hat man sich diesem dann langsam - mit Geduld und beständigem Fragen - genähert, stellt sich das nächste Problem: die Hausnummer. Diese ist zwar auf der Einladung vermerkt, nicht jedoch an den Häusern selbst zu finden. Abhilfe leistet dann ein auf der Straße aufgestelltes Schild oder auch an einem der Nachbarhäuser befestigter Anschlag, der - wie klein er auch immer sein mag - auf die Feier hinweist. Letzterer kann jedoch in einem Winkel angebracht sein, der von der Straße und vom Auto aus nicht einsehbar ist. Zudem kann die Feier versteckt in einem Hinterhof abgehalten werden, was ihre Diskretion deutlich erhöht! Sie ist dann kaum mehr aufzufinden.Der Ort der Feier ist oft ein Zelt - in einem Hinterhof oder auch auf einem Reisfeld platziert. In diesem Zelt befinden sich zehn bis zwanzig runde Tische, jeweils mit Platz für zehn bis zwölf Personen . Man nimmt Platz, nachdem man in etwa eine halbe bis eins Stunde hat verstreichen lassen - aus Höflichkeit oder weil man den - sehr diskreten - Ort der Veranstaltung nicht früher gefunden hat. Hält man sich an diese Höflichkeitsregel, kann kann es gut sein, dass man kulinarisch nicht mehr viel abbekommt: 99 andere Gäste waren nämlich pünktlich!
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Der Sinn - der einzige Zweck der Veranstaltung ist aus der Sicht der Gäste: essen, essen, essen! Es gibt etwa zehn Gänge, die in aller Regel ein äußerst attraktives Menü ausmachen. Anders als in Frankreich - zum Beispiel - tafelt man nicht etwa stundenlang - fünf bis sechs Stunden sind in unserem Nachbarland keine Seltenheit -, nein: Nach spätestens zwei Stunden ist alles vorbei! Die Taiwanesen wollen nämlich in erster Linie eines: Geld machen! Feiern wie Hochzeiten stören dabei nur. Also sind zwei Stunden genug - mehr ist nicht drin. In dieser Zeit speist man, macht Small Talk mit seinen Tischnachbarn - und achtet darauf, dass man nicht zu kurz kommt.Dabei ist Freundlichkeit oberstes Gebot, und man tut auch gern seinem Nachbarn auf, sollte dieser zu bescheiden sein. Nur übrig bleiben darf nichts. Für die etwa 50 Euro, die man bezahlt hat, will man ja schließlich etwas haben.
In der Tat gibt es für das Geschenk Tarife: Es zählt ausschließlich Geld, was die Not der Schenkenden zur Kreativität drastisch verringert.Das Geld wird dem Empfangskomitee der Feier in einem roten Umschlag übergeben -gestaffelt zwischen 50 Euro für Chefs und höhere gestellte Kollegen, 40 Euro für gleichrangige Kollegen und 30 Euro für solche Kollegen, die zwar einen Hochzeitskuchen erhalten haben, aber nicht zur Feier gehen (können). Selbst die Nicht-Teilnahme an dieser Kostet also! Übergeben wird dieser Umschlag also dem Empfangskomitee, einer Gruppe von bis zu vier Personen, die am Eingang des Zeltplatzes sitzen, die Umschläge aller Gäste entgegen nehmen und diese bitten, sich in die Teilnehmerliste einzutragen. Hat der eintretende Gast diesem Komitee den Rücken gekehrt, wird schnell und diskret in den Umschlag geschaut und flugs vermerkt, wieviel dieser enthält. Das Geschenk bleibt also nicht diskret_ es wird vielmehr bekannt, wie hoch der geschenkte Betrag war - und dies umgehend. Hier gibt es kein Entrinnen. Und dies, obwohl es unüblich ist, diesem Umschlag eine Glückwunschkarte oder ähnliches beizufügen . Das ist unnötig und wirkt nur störend. Es zählt nur das Geld.
Nach etwa zwei Stunden ertönen Feuerwerkskracher. Diese geben das Zeichen: Es gibt nichts mehr, kulinarisch ist nicht mehr zu erwarten. Hat den Gästen die Feier gefallen, bleiben sie noch ein bisschen. War die Feier nicht so der Hit,k dann ist diese Zeichen der Beginn des Aufbruchs dessen Rasanz sich nur derjenige vorstellen kann, der ihn einmal erlebt hat: Man drängt zum Ausgang, wird jedoch noch vom Brautpaar aufgehalten, das mit einem Tablett voller Bonbons bereit steht und jedem Gast noch ein paar gute Worte zum Abschied abnötigt. Die Gäste haben das Brautpaar nämlich während der gesamten Feier kaum zu Gesicht bekommen:Das Paar ging nur mal kurz herum, prostete jedem Tisch mit Fruchtsaft (!) zu und verschwand dann wieder.Zum Ende taucht es wieder auf und steht nun mit seinem Bonbons am Ausgang. Viele Small Talk erwartet es aber nicht, da sonst die übrigen Gäste zu lange Schlange stehen müssten. Ein kurzer Gruß, man nimmt sich ein Bonbon und wird schnell fotografiert -und vorbei ist die Chose. Das ist also eine Hochzeit à la taiwanaise. Für Europäer sehr interessant, attraktiv (?), kulinarisch oft ein (zweifelhaftes) Vergnügen. Aber ein soziales Muss, vor dem es kein Entrinnen gibt.
In der Tat gibt es für das Geschenk Tarife: Es zählt ausschließlich Geld, was die Not der Schenkenden zur Kreativität drastisch verringert.Das Geld wird dem Empfangskomitee der Feier in einem roten Umschlag übergeben -gestaffelt zwischen 50 Euro für Chefs und höhere gestellte Kollegen, 40 Euro für gleichrangige Kollegen und 30 Euro für solche Kollegen, die zwar einen Hochzeitskuchen erhalten haben, aber nicht zur Feier gehen (können). Selbst die Nicht-Teilnahme an dieser Kostet also! Übergeben wird dieser Umschlag also dem Empfangskomitee, einer Gruppe von bis zu vier Personen, die am Eingang des Zeltplatzes sitzen, die Umschläge aller Gäste entgegen nehmen und diese bitten, sich in die Teilnehmerliste einzutragen. Hat der eintretende Gast diesem Komitee den Rücken gekehrt, wird schnell und diskret in den Umschlag geschaut und flugs vermerkt, wieviel dieser enthält. Das Geschenk bleibt also nicht diskret_ es wird vielmehr bekannt, wie hoch der geschenkte Betrag war - und dies umgehend. Hier gibt es kein Entrinnen. Und dies, obwohl es unüblich ist, diesem Umschlag eine Glückwunschkarte oder ähnliches beizufügen . Das ist unnötig und wirkt nur störend. Es zählt nur das Geld.
Nach etwa zwei Stunden ertönen Feuerwerkskracher. Diese geben das Zeichen: Es gibt nichts mehr, kulinarisch ist nicht mehr zu erwarten. Hat den Gästen die Feier gefallen, bleiben sie noch ein bisschen. War die Feier nicht so der Hit,k dann ist diese Zeichen der Beginn des Aufbruchs dessen Rasanz sich nur derjenige vorstellen kann, der ihn einmal erlebt hat: Man drängt zum Ausgang, wird jedoch noch vom Brautpaar aufgehalten, das mit einem Tablett voller Bonbons bereit steht und jedem Gast noch ein paar gute Worte zum Abschied abnötigt. Die Gäste haben das Brautpaar nämlich während der gesamten Feier kaum zu Gesicht bekommen:Das Paar ging nur mal kurz herum, prostete jedem Tisch mit Fruchtsaft (!) zu und verschwand dann wieder.Zum Ende taucht es wieder auf und steht nun mit seinem Bonbons am Ausgang. Viele Small Talk erwartet es aber nicht, da sonst die übrigen Gäste zu lange Schlange stehen müssten. Ein kurzer Gruß, man nimmt sich ein Bonbon und wird schnell fotografiert -und vorbei ist die Chose. Das ist also eine Hochzeit à la taiwanaise. Für Europäer sehr interessant, attraktiv (?), kulinarisch oft ein (zweifelhaftes) Vergnügen. Aber ein soziales Muss, vor dem es kein Entrinnen gibt.
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